Integrationsausschuss, ein Alibigremium


Mein Beitrag zur gestrigen Sitzung (23.02.2023) des Integrationsausschusses:
 
In der gestrigen Ausschusssitzung wurden u.a. um mündliche Berichte zur Situation in der Ausländerbehörde und das Diversity-Konzept der Stadtverwaltung, die Einbringung des Haushaltes sowie meine Anträge behandelt. Bevor ich den Ablauf der gestrigen Sitzung schildere und meine persönliche und niederschmetternde Meinung zu den einzelnen Punkten äußere, werde ich erstmal kurz erklären, wie der Integrationsausschuss zusammengesetzt ist: Der Integrationsausschuss in Wuppertal besteht aus 25 Mitglieder (15 Direktgewählte), die in der Integrationswahl von den Parteien (CDU, SPD, FDP, Grüne, etc..) aufgestellt und direkt von den Wuppertaler*innen mit internationaler Familiengeschichte gewählt werden, und 10 Stadtverordnete, die von ihren Ratsfraktionen über den Rat in den Ausschuss entsendet werden) und der Stadtverwaltung. Die Direktgewählten gehören in der Regel Parteien oder im Falle von POC einer Initiative an.
 
Nun zur Sitzung (ich verzichte auf Namen, erwähne nur die Parteien):
Die Sitzung begann damit, dass der Vorsitzende (SPD) die Anwesenden begrüßte und die Standradfrage, ob Änderungswünsche bzw. Anträge zur Tagesordnung bestehen, stellte. Und siehe da: Ein Mitglied der CDU zeigte auf und beantrage alle Tagesordnungspunkte, die den Haushalt betreffen, auf den Rat zu verschieben. Dies galt auch für meinen ersten Antrag. Natürlich habe ich eine Gegenrede gehalten. Der POC-Sprecher hat mich bestärkt und auch dafür plädiert, dass mein Antrag vor Ort behandelt wird. Leider ohne Erfolg. Alle, auch die Direktgewählten, stimmten dem Antrag der CDU. Somit wurde auch mein Antrag auf die Haushaltsberatungen bzw. auf die Haushaltssitzung des Rates verschoben. Anders gesagt: „Das Todesurteil meines Antrages wurde ausgesprochen, oder es passiert ein Wunder im Rat!“
 
Worum geht es in meinem >>Antrag<<:
Es ist grundsätzlich so, dass der Integrationsausschuss nicht über eigene Finanz- und Sachmittel verfügt und keine eigene Anlaufstelle hat, wo sich die Menschen mit internationaler Familiengeschichte melden können. Ich habe Folgendes beantragt:
 
„Der Integrationsausschuss möge beantragen, dass nachfolgende Maßnahmen in den Haushalt 2023 aufgenommen werden:
 
1. Die Bereitstellung von Finanzmittel i.H.v. 20.000 € für Veranstaltungen und Aktionen des Integrationsausschusses. Die Verwendung der Finanzmittel obliegt ausschließlich dem Integrationsausschuss und wird durch Beschluss endgültig entschieden. Es bedarf keiner zusätzlichen Zustimmung des Rates mehr.
2. Die Bereitstellung eines Geschäftsbüros für den Integrationsausschuss samt vollständiger Büroausstattung und IT-Kommunikationsgeräte. Die Kosten hierfür sind im Haushalt 2023 zu berücksichtigen.
3. Die Finanzierung einer hauptamtlichen 50%-Stelle für das Geschäftsbüro i.H.v. jährlich 25.000 € ab dem Haushaltsjahr 2023. […]“
 
Mein Antrag ist nicht neu: In der Sitzung im Dezember 2021 (ja! Das Jahr ist richtig!) habe ich nebst verschiedenen Anträgen (Schaffung einer eigenen >>Geschäftsordnung<<, >>Internetpräsenz<<, >>Live-Übertragung des Integrationsausschusses<< und einen Antrag auf >>Finanz- und Sachmittel<< gestellt, wie immer fristgerecht und mit langer Vorlaufzeit. Dieser Antrag wurde aufgrund formaler Fehler abgeschmettert.
 
Die Verwaltung hätte mich vorab darauf hinweisen können, weil ich zu dem Zeitpunkt unerfahren war. Stattdessen bekam ich einen Anruf aus der Stadtverwaltung als auch Privatnachrichten von einem anderem  Integrationsausschussmitglied mit der dringlichen Bitte, mich von meiner offensiven und kritischen Art Abstand zu nehmen (um nicht zu sagen: um mich einzuschüchtern). Da ich Telefonate nicht beweisen kann und Privatnachrichten dem Datenschutz unterliegen, werde ich hier nicht konkret. Ihr könnt mir glauben, es ist wirklich passiert. Übrigens Telefonate, um Sachverhalte zu klären, sind sehr beliebt, um nichts beweisen zu können oder Tatsachen schaffen zu können. Wenn man schriftliche Rückmeldungen verlangt, bekommt man entweder keine Antwort oder schwammige Aussagen.
 
Im Jahr 2022 habe ich keinen Antrag gestellt, weil man mir versprach, mein Anliegen in den Fraktionen und somit in den Rat einzubringen, weil ich im Rat keine Anträge stellen darf. Ich war so naiv und glaubte der Person. Ich habe diesbezüglich lange nichts mehr gehört.
 
Im gleichen Jahr stellte POC dann im Integrationsausschuss fristgerecht und selbstständig nochmal einen Antrag auf Finanzmittel in Höhe von 10.000 €. Auch dieser Antrag wurde abgeschmettert.
 
Zusammenfassend kann ich sagen, dass ich seit 2021 um Finanzmittel und um Stärkung des Integrationsausschusses kämpfe. Der Ausschuss, der die Stimme der Migranten sein soll. Und was passiert? Die Mehrheit der Direktgewählten, die selbst in Vereinen organisiert und mehrheitlich Migranten sind, lehnen im Kollektiv mit ihren Parteien meine Anträge und alles, was von meiner Person kommt, ab. In diesem Fall kämpfe ich nicht nur gegen die AFD, die sich über diese Ablehnungshaltung freut, sondern gegen die Migranten, die nicht den Mut haben, für ihre Rechte einzustehen, weil sie vermutlich unberechtigterweise befürchten, die finanzielle Unterstützung ihrer Vereine von der Stadtverwaltung bzw. von den Parteien gekürzt zu bekommen. Sorry, aber anders kann ich mir dieses Verhalten nicht erklären. Meine Vermutung wurde gestern bestärkt, als es um die Förderung der Migrant*innen-Selbstorganisationen ging. Da wurden dann die so gehörigen und schweigsamen direktgewählten Mitglieder (CDU und DIE LINKE), die auch sehr oft mit ihrer Abwesenheit glänzten, auf einmal hellhörig, sahen schon die Euros für ihre Vereine vom Himmel herabfallen und stellten Fragen, die auf das Profit der eigenen Vereine abzielten. Es waren keine Fragen für die Allgemeinheit. Ich möchte klarstellen, dass es viele migrantische Organisationen/Vereine gibt, die sehr gute Arbeit leisten, u.a. auch kleinere Vereine, die es schwer haben, sich durchzusetzen, weil sie dieses Netzwerk, den einige Direktgewählte haben, nicht besitzen. Ohne Ehrenamt und ohne Vereine würde Wuppertal und somit auch die Stadtverwaltung einiges nicht meistern können. Zusätzlich habe ich allerdings den Verdacht, dass die Direktgewählten nur im Kollektiv abstimmen, weil sie sich dadurch die Gunst der Parteien bei der Haushaltsplanung erkaufen wollen, oder sich mit der Thematik /den Anträgen nicht befassen.Es ist auch generell so, dass unangenehme Diskussionen und kritische Fragen vermieden werden und teilweise auf den Rat verschoben werden. Berichte gibt es i.R. nur mündlich, angeblich wegen der Zeitknappheit. Die Termine werden auch nicht bereits im Vorjahr festgelegt und die Berichte werden unerwartet angefordert (Ende der Ironie).
 
Mein zweiter >>Antrag<<:
 
„Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
Die Wahl der Delegierten bzw. der Vertreter*innen in bestimmten Gremien erfolgte bereits am 19.04.2021. Die aktive Teilnahme wurde jedoch in einigen Gremien nicht erfüllt bzw. einige Mitglieder sind aus dem Integrationsausschuss ausgeschieden. Aus diesem Grund beantrage ich, folgende Wahlen am 08.12.2022 durchzuführen:
 
Punkt 1: Wahl einer/s Vertreterin/Vertreters und einer/s stellv. Vertreterin/Vertreters des Integrationsausschusses als Teilnehmer/in an der Gesundheits-, Alten- und Pflegekonferenz Wuppertal (GAPK) […]
 
Punkt 1a: Wahlvorschlag: Stv. Rajaa Rafrafi als Vertretung Mustapha El Hadra als stellv. Vertretung
Begründung: Der Diskurs zur kultursensiblen Pflege wird immer wichtiger. Aus diesem Grund ist es notwendig, die Bevölkerungsgruppen, die bis dato keine Berücksichtigung fanden, in den Entscheidungsprozessen im Gesundheits-, Alten- und Pflegebereich einzubeziehen.
 
Punkt 2: Wahl einer/s Delegierten für die Sitzungen des Hauptausschusses des Integrationsrates NRW […]
 
Punkt 3: Wahl einer/s Delegierten für die Mitgliederversammlung des Integrationsrates NRW […]“
 
Punkte 2 und 3 waren kein Problem. Aber Punkt 1 war plötzlich sehr diskussionswürdig. Warum? Könnt Ihr euch denken. Darauf stehen zwei Personen, die unangenehm sein könnten und die Probleme beim Namen nennen. Zusätzlich habe ich angemerkt, dass Menschen afrikanischer und arabischer Herkunft bis heute inhaltlich wenig Beachtung finden und in den Gesundheitsthemen unterrepräsentiert sind. Kritik kam von der LINKEN und von der FDP. Die FDP-Vertreterin sitzt seit 3 Jahren mit mir im Ausschuss und weiß nicht, wer ich bin. Und die LINKE-Vertreterin warf mir vor, dass ich mich nur für Muslime einsetzen würde. Wo war sie, als ich mich z.B. auf der Seite der BUGA-SO-NICHT Bewegung stellte oder für die Renovierung der ELSE-LASKER-Gesamtschule einsetzte. Ich wusste gar nicht, dass die BUGA-SO-NICHT Bewegung und alle 40% der Wuppertaler*innen mit internationaler Familiengeschichte muslimisch seien. Wahrscheinlich war diese Linke Vertreterin auf der Suche nach Finanzmittel für ihr Verein und schleimte sich bei der Stadtverwaltung ein. Ich möchte nochmals anmerken, dass „arabisch oder afrikanisch sein“ nicht mit „muslimisch sein“ gleichzusetzen ist. Einen Beitrag dazu schrieb ich bereits gestern.
 
Als das nicht genug wäre: Es gab auch die Präsentation zum Antidiskriminierungskonzept der Stadtverwaltung. Was soll ich dazu sagen: außer, dass das Wort „RASSIMUS“ auf einer Folie schön groß und bunt zu sehen war, war inhaltlich kein klares, eindeutiges Konzept zu erkennen. Die Kritik und die Fragen, die von einem POC-Teilnehmer und meiner Person kamen, wurden abgeblockt und kritisiert. Unsere Kritik wurde mehrmals, sogar von anderen Direktgewählten (CDU), als marginal bezeichnet und ich zitiere „Man möge der Verwaltung vertrauen!“. Hier vermehrt sich bei mir der Eindruck, dass das Problem Rassismus zwar genannt, aber nicht wirklich verstanden wurde. Es wird weiterhin verharmlost und als „marginal“ (gestrige Lieblingswort der Verwaltung) verstanden.
 
Fazit: Grundsätzlich sind die Arbeitsbedingungen im Integrationsausschuss sehr beschwerlich und diesem Ausschuss nicht würdig. Mit den Anträgen wäre der erste kleine Schritt zu mehr Selbstständigkeit getan. Dass die Stadtverwaltung und einige Parteien versuchen mich zu bremsen, ist mir schon unmittelbar kurz nach Einführung als Stadtverordnete klar geworden. Aber eins sei gesagt: Jede Ablehnung ist für mich ein weiterer Grund, Gas zu geben. Ich wünsche mir von meinen Mitstreiter*innen, den Direktgewählten, mehr Mut zur sachlichen Debatte und Zustimmung für meine Anträge. Es geht um das Wohl aller Wuppertaler*innen, auch um ihr Wohl. Wuppertal ist vielfältig und bunt. Wir alle sind mehr als nur ein Gesicht, das auf Wahlplakaten steht.
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